21. Juli 2022

Die Brennstoffzelle steht in Konkurrenz zum elektrischen Antrieb und kommt nur für LKWs infrage? Im Interview räumt Sebastian Hagedorn, Group Lead Fuel Cell beim Lehrstuhl für Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) der RWTH Aachen mit diesen Glaubenssätzen auf. Lesen Sie hier, was das Potenzial der Brennstoffzelle ausmacht, welche neuen Erkenntnisse es in dem Bereich gibt und warum sie so wichtig für die Mobilität der Zukunft ist.

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Campus Forum: Was liegt heute auf Ihrem Schreibtisch, Herr Hagedorn?

Sebastian Hagedorn: Aktuell arbeite ich daran die Brennstoffzellentechnologie etwas zugänglicher zu machen. Dabei geht es zum einen um den wohl populärsten Anwendungsfall – den straßengebundenen Güterverkehr. Zum anderen geht es aber auch um Anwendungen, die etwas weniger im Fokus stehen. Das sind zum Beispiel kommunale Nutzfahrzeuge, Bau- und Landmaschinen oder auch die Luftfahrt. Zu diesem Zweck betreiben wir am PEM den Wissenstransfer in die breite Industrie hinein und entwickeln eigenständig Brennstoffzellensysteme weiter. Und dafür müssen Forschungsanträge geschrieben werden.

Inwiefern entwickeln Sie die Brennstoffzellensysteme weiter? Gibt es neue Forschungsergebnisse?

Wir sind seit Neuestem in der Lage, Membran-Elektroden-Einheiten inklusive katalysatorbeschichteter Membran in unserem eLab zu produzieren und unterschiedliche Beschichtungen sowie Substrate zu testen. Grundlage dafür bietet unser Forschungsprojekt FCPP, bei dem wir eine innovative Beschichtungstechnologie entwickeln. Außerdem hat mein Kollege Philipp Reims kürzlich eine Veröffentlichung zum Thema Kostenreduktion in der Brennstoffzellenproduktion geschrieben, die er im Herbst in Kyoto bei der CPESE 2022 vorstellen wird. Dabei geht es um die Kostenentwicklung von Brennstoffzellensystemen bei steigenden Stückzahlen.

Die Kosten sind ein großes Thema bei der Brennstoffzellenproduktion, oder?

Aus Produktionssicht ist die kosteneffiziente Herstellung von Brennstoffzellen eine der Kernherausforderungen. Hierfür bedarf es neben Prozessinnovation eine Skalierung der Produktionsvolumina. Bereits heute für zukünftige und dadurch unbekannte Probleme Antworten finden zu müssen, motiviert mich daher jeden Tag.

Warum brauchen wir die Brennstoffzelle denn überhaupt?

Die Brennstoffzelle ist wichtig für die Mobilität der Zukunft, da sie mittels Wasserstoff und somit mit einem geeigneten Energiespeicher betrieben werden kann. Ist dieser Wasserstoff auch noch grün, also erneuerbar erzeugt, können wir die Emissionen im Mobilitätssektor durch brennstoffzellenbetriebene Antriebe bestmöglich reduzieren. Dies ist vor allem im schweren Nutzfahrzeugsegment rentabel, da hier reine batteriebetriebene Fahrzeuge nur stark anwendungsbezogen Sinn machen.

Das scheint aber noch nicht bei allen angekommen zu sein…

In der Industrie muss vor allem ein Umdenken hin zur Technologieoffenheit geschehen. Brennstoffzellen als Antriebsform konkurrieren nicht mit batteriebetriebenen Fahrzeugen, sondern liefern dort sinnvolle Ergänzungen, wo rein batterieelektrische Antriebe aktuell nicht sinnvolle Technologien darstellen. Das Wasserstoff keine Gefahr, sondern enormes Potenzial bietet, ist mittlerweile gesellschaftlich anerkannt. Auch die Politik bereitet sich aktuell darauf vor, eine wasserstoffgetriebene Gesellschaft zu fördern. Jetzt bedarf es der serientauglichen Umsetzung von Technologiedemonstrationen, wozu wir am PEM unseren Beitrag leisten.

Danke für das Gespräch!

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